Ich darf das, ich bin Jude.
Deutsche Juden sind ein wenig wie Pandabären. Es gibt nicht mehr so viele von uns. Darum kommen die Leute in meine Show, um mal einen echten zu sehen.
Sie schauen so verwundert, hier, da links. Sie fragen sich vermutlich: Ist ja komisch. Juden dürfen wieder auftreten? In Deutschland? Wusste ich noch gar nicht.
Das deutsche Publikum geht gerne ins Kabarett, um seine Meinung noch mal bestätigt zu bekommen. Dem deutschen Komiker wiederum ist es wichtiger, gemocht zu werden als die Leute zu unterhalten. Political Correctness ist meiner Meinung nach in Deutschland eine Farce. Sie ist im Kabarett eher ein Argument dafür, sich mit einem Missstand nicht auseinanderzusetzen. Es geht um Gleichschaltung, Harmonie. Vorbilder sind für mich Komiker, die Grenzen überschreiten.
Das meine ich mit grenzüberschreitendem Humor: dass man die Witze macht, die man machen will, dass man keine Angst davor hat.
Das, was es in Deutschland an Comedy gibt, ist größtenteils einfach zu billig. Dem deutschen Comedian ist es wichtiger, sich anzubiedern und den Leuten zu gefallen, als die Leute zum Lachen zum bringen. Political Correctness ist eine Farce in Deutschland, fast schon eine Lüge. Es ist eher ein Argument dafür, sich mit einem Missstand nicht auseinandersetzen zu müssen und einfach nur oberflächliche schlechte Witze zu machen. Ich finde, Humor ist interessant, wenn etwas in die Waagschale geworfen wird, wenn er etwas bewegen kann.
Es gibt Nischen. Stand-Up-Comedy findet eher näher am Hip Hop oder in der Popkultur statt, bei Deichkind, den Ärzten, Daniel Richter oder Erobique, die diesen Job mitübernehmen, weil die eigentlichen Comedians in Deutschland größtenteils versagen.
Natürlich wurde ich nach „Jud süß-sauer“ schnell abgestempelt. Einfach Stempel drauf, Schublade zu. Ich war für viele nicht der jüdische Comedian, sondern der Jude oder auch, wie mich eine Berliner Tageszeitung bezeichnet hat, der „Berufsjude, der Gaskammerkalauer macht“. Da frage ich mich, ob der Künstler gefährlicher ist oder die Gedanken der Rezipienten.
Das darf man nicht zu ernst nehmen. Das ist das grundsätzliche Problem, dass viele Deutsche keinen Humor verstehen, man kann nicht ironisch sein. „Jud süß-sauer“ war meine erste Stand-Up-Show, ein Programm wie es andere Comedians auch haben. Nicht mehr und nicht weniger. Aber es ist offenbar ein Humor, der beispielsweise in Wien besser verstanden wird, dort kann man viel schärfer sein. In Deutschland geht das nur bedingt, egal ob ich den Holocaust thematisiere oder über Vergewaltigung rede. Wenn die Leute hier ein bestimmtes Wort hören, dann kommt gleich der pawlowsche Reflex: „Oh Gott, nein!“ Deswegen komme ich manchmal nicht soweit, wie ich möchte. Weil das im Keim erstickt wird.
Ich vergesse die Sache mit dem Holocaust - und Sie verzeihen uns Michel Friedman.
Meine Knie, die von den hundertdreißig Kilo überfordert sind, schmerzen so fucking sehr.
Guten Abend, mein Name ist Oliver Polak, ich komme aus Papenburg im Emsland und ich bin Jude.
Sie brauchen aber trotzdem nicht zu lachen.
Ich könnte mir vorstellen, mein Programm ,Beschnitten oder am Stück?‘ zu nennen oder ,Jud süß-sauer‘, aber ich würde es zum Beispiel nicht nennen ,Ein Jude gibt Vollgas.‘ Das wäre geschmacklos.
Liebe Lokführer, ihr hättet mal lieber vor 70 Jahren streiken sollen.
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